„Die Lage ist leider sehr ernst, wir müssen nachlegen“, so beginnt Ministerpräsident Dr. Markus Söder seine jüngste Regierungserklärung zum Thema Corona im Bayerischen Landtag. Er verteidigte mit deutlichen Worten den am Nikolaustag vorgestellten 10-Punkte-Plan zur Verschärfung der Corona-Maßnahmen, über den der Landtag im Anschluss abstimmt.
All dies sei „nicht alarmistisch, sondern die Wahrheit und Realität“, betonte Söder mit Blick auf das Infektionsgeschehen und auf die steil ansteigenden Todeszahlen. Er zitierte in diesem Zusammenhang die aktuelle Empfehlung der Leopoldina, wonach es aus wissenschaftlicher Sicht unbedingt notwendig sei, die Infektionen durch einen harten Lockdown zu verringern. Ab Weihnachten sollten demnach bis zum 10. Januar der Einzelhandel geschlossen werden. „Die Wissenschaft macht uns die Diagnose, die Therapie muss die Politik bieten“, erklärte der Ministerpräsident. Sollte eine erneute Ministerpräsidentenkonferenz dies beschließen, werde Bayern hier mitgehen. Söder plädierte hier jedoch für einheitliche Regelungen in ganz Deutschland.Für den jetzt vorgestellten Maßnahmenplan bat Söder um Unterstützung und Zustimmung durch Landtag. Dies sei keine symbolische Zustimmung. „Es geht jetzt um den Grundauftrag des Parlaments, Land und Menschen zu beschützen“, machte er deutlich.
Im Anschluss erklärte er mit deutlichen Beispielen die Notwendigkeit, die Maßnahmen zu verschärfen. „Der Teil-Lockdown war nur ein Teilerfolg“, so Söder. „Die Zahlen gehen nicht runter, sondern teils wieder nach oben und wir sind von einer Inzidenzahl von 50 weit entfernt.“ Die zweite Welle sei weit schlimmer als die erste und die Folgen zum Beispiel in den Krankenhäusern deutlich spürbar.
Erneut verwies er auf die hohe Zahl an Todesfällen in Deutschland und Bayern: „Alle vier Minuten stirbt ein Mensch in Deutschland an Corona, in Bayern alle 20 Minuten.“ Es sei verstörend, dass dies nur als reine Statistik abgetan werde, „es sind alles Schicksale, alles Familien“. Söder fuhr fort: „Wenn es uns selbst betrifft, haben wir sofort Verständnis, aber wenn es um andere geht, dann nicht. Deshalb ist es unsere Aufgabe, uns um die Familien anderer zu kümmern, sonst hat der Staat seinen Auftrag verfehlt.“
Nochmals machte Söder auf die ethische Debatte um die Todesfälle aufmerksam und fragte, wo man zum Beispiel Altersgrenzen bei Behandlungen ziehen solle. „Das Grundgesetz garantiert den Schutz des Lebens und Corona trifft immer den ethischen Schutzauftrag: Jeder Mensch ist uns wichtig. Wir werden nicht vor Corona kapitulieren und nehmen diesen Auftrag mit Entschlossenheit an.“
Warum die Maßnahmen jetzt verschärft würden, begründete Söder damit, dass es „vertane Zeit“ wäre, bis zum 10. Januar zu warten. „Wir sollten jetzt keine falschen Experimente machen, denn wer nichts tut, der zögert schuldhaft.“ Die Infektionszahlen müssten unbedingt vor den Ferien sinken. Auch andere Bundesländer würden diese Entscheidungen begrüßen.
Einen Grund, warum die Zahlen nicht wie erhofft sinken, sieht Söder in einer „gewissen Sorglosigkeit“ der Menschen. Aber auch Verunsicherung, Hetze und Unwahrheit untergrabe die Akzeptanz der Bevölkerung. „Wir haben die erste Welle mit einer Gemeinschaftsleistung erfolgreich bekämpft“, so der Ministerpräsident.
Corona kehre aber immer wieder zurück und „nutzt jeden Freiraum aus, den es bekommt“. Deshalb seien verschärfte Maßnahmen nötig: „Jetzt reichen Appelle nicht mehr, es braucht Leitplanken und Regeln.“ Er erklärte im Detail den Maßnahmenplan, der weiter unter der Überschrift „Daheim bleiben, Kontakte reduzieren“ stehe. „Wir müssen die Vernünftigen vor den Unvernünftigen schützen.“
Ob all die vorgestellten Maßnahmen am Ende reichen würden, dafür könne Söder keine Garantie geben. „Aber je mehr wir tun, desto größer sind die Chancen“, betont er im Plenum. Ein Lichtblick sei weiterhin die baldige Impfmöglichkeit. Aber auch hier warnte er, dass Diskussionen und Verunsicherungen eine Impfmüdigkeit hervorrufen könnte.
Abschließend dankte Söder allen, die sich an die Maßnahmen halten. „Ruhe und Geduld bewahren und den Blick für das Wesentliche behalten“, sei jetzt die Devise. „Kontakte reduzieren, Abstand halten und daheim bleiben. Corona lässt nicht locker, wir aber auch nicht.“
Auch Fraktionschef Thomas Kreuzer betonte in seinem Redebeitrag, wie wichtig der Beitrag eines jeden Einzelnen sei, die Infektionszahlen zu senken. „Eine Pandemie in den Griff zu bekommen ist keine Sache der politischen Weltanschauung, sondern eine Sache der Vernunft“, so Kreuzer. Die bisherigen Maßnahmen hätten allein nicht in dem Maße geholfen, wie erwünscht. Statt 75 Prozent Kontaktvermeidung, wie u.a. von den Leopoldina gefordert, habe man nur 43 Prozent erreichen können.
Corona in den Griff zu bekommen, sei nicht allein Aufgabe der Politik, sondern eine Gemeinschaftsleistung. Kreuzer zitierte in diesem Zusammenhang John F. Kennedy: Der Appell „Frage, was du für dein Land tun kannst“ sei genau die richtige Frage in der Corona-Pandemie. „Wir brauchen jetzt mehr Geduld und Kraft denn je“, so der CSU-Fraktionschef. Die jetzigen Maßnahmen einfach aufrecht zu erhalten, hätte erhebliche Folgen, warnte er in seiner Rede. „Der strengere Lockdown ist der richtige Weg. Wir erkennen jetzt den Wert der Gemeinschaft und den Wert der unzähligen Möglichkeiten, die wir vor Corona hatten“, so Kreuzer abschließend. „Wir müssen deshalb jetzt einen Umgang mit Corona finden, und alles dafür tun, damit wir 2021 das Virus überwinden können.“